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Die Baugeschichte der Heubacher St. Ulrichs Kirche ist umfangreich. In der Festschrift zur Einweihung der grundlegende sanierten Kirche 1970
dokumentierte Hermann Klein die Baugeschichte im Wandel der Zeit. Hieraus sind die nachfolgenden Auszüge entnommen.
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“Möge das erneuerte Bauwerk von der Gemeinde mit neuem Leben erfüllt werden und in seiner Schönheit weitere friedliche Zeiten erleben, bis sich wiederum eine Generation berufen fühlen mag, das
Uberlieferte in gleichem Sinne wie das jetzt Vollbrachte neuzugestalten. Die Geschichte der St.-Ulrichs-Kirche bleibt, wie in den vergangenen Jahrhunderten, mit der Entwicklung der Stadt und im besonderen der
Evangelischen Kirchengemeinde Heubach verbunden.”
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1121 Bau als Wehrkirche durch die Pfalzgrafen von Dillingen- Donauwörth
Namensweihe St. Ulrich
Die zweischiffige Pfeilerbasilika mit freistehendem Turm
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Zur Geschichte dieser Kirche wird berichtet:
Im 12. Jahrhundert waren die Pfalzgrafen von Dillingen-Donauwörth die Herren der Lauterburg, des Rosensteins und Heubachs. Bis in ihre Zeit zurück datiert der Bau einer ersten Kirche in Heubach, die das
Grafengeschlecht seinem vornehmsten Sproß, dem heiligen Ulrich (890—973), Bischof von Augsburg, weihte, der im Jahre 993 von Papst Johannes XV. heilig gesprochen wurde. Vorher noch hatte eine Afra-Kapelle
bestanden, deren genauer Standort jedoch unbekannt ist.
Als die Kapelle nicht mehr genügte, schritt die gräfliche Herrschaft 1121 unter Zuhilfenahme aller Hörigen zum Bau der Pfarrkirche, einer zweischiffigen romanischen Pfeilerbasilika, von der heute nur noch Reste in
der Südwand vorhanden sind. Die jetzt beim Umbau aufgefundenen romanischen Fenster wurden hervorgehoben, indem man eines von ihnen wieder durchbrach und die restlichen wenigstens im Putz andeutete. An der
Südwestseite sind die massiven Halbrundbogen, die das Seiten- vom Mittelschiff trennten, ebenfalls im Putz angedeutet. An der Ostseite erhob sich ein kleiner Chor mit einem massiven Altar, dessen Fundamente bei den
jetzigen Grabarbeiten gefunden worden sind. Der Turm stand frei an der Südseite des Chores.
Die Kirche war als typische Wehrkirche angelegt und mit hohen, von zwei Türmen fiankierten Mauern umgeben. Unter dem noch erhaltenen Block-turm im Süden befindet sich der Hauptzugang vom Marktplatz zum Platz um die
Kirche. Der später abgebrochene Diebsturm stand im Nordwesten. Von der starken Wehrmauer sind nur noch Reste, an der Ostseite, übrig.
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13./14 Jahrhundert: Wechselnde Herrschaften
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Nach dem Tod des letzten Pfalzgrafen von Dillingen fiel die Herrschaft an die Hohenstaufen, welche die Familie der Hacken von Wöllstein damit belehnten. Von etwa 1250 bis 1345 war Heubach in deren Besitz. 1292 wurde
der Ort zum erstenmal urkundlich erwähnt. 1329 waren Albrecht Hack von Ellwangen und sein Bruder Walter die Patronatsherren der Kirche. 1342 verkauften die Brüder die Kirche und den Kirchplatz an das
Zisterzienserkloster Königsbronn. Das Kloster ließ zum Andenken an die Besitzergreifung an der Nordseite ein großartiges Bild malen und sorgte auch sonst für die Raumausschmückung, wovon noch letzte Reste an
der Südwand der Kirche erhalten sind.
Doch auch das Kloster war nicht lange Besitzer. 1345 erhielt Heubach einen neuen Herrn in den Grafen von Oettingen; diese verpfändeten es an Graf Eberhard den Greiner von Württemberg. Das Bemühen Württembergs,
den Ort seinem Herrschaftsbereich einzugliedern, war von dieser Zeit an deutlich zu erkennen; ab 1448 übte es durch den Erwerb der Patronatsherrschaft über das Kloster Königsbronn indirekt auch den Schutz über
die Pfarrei Heubach aus. 1360 wurde Heubach in den Urkunden zum erstenmal als Stadt bezeichnet (Quellennachweis durch Oberstudienrat Kolb, Heubach). Nach dem Krieg Kaiser Karls IV. gegen Graf Eberhard von
Württemberg kam Heubach zusammen mit den Festungen Lauter-burg und Rosenstein an das Reich, fiel jedoch schon sechzehn Jahre später wieder an Württemberg zurück.
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15./16. Jahrhundert
Seit 1413 enge Verbindung zu den Herren von Woellwarth
1441 Erweiterung des Chores
1502 Bau der Empore
1552 Reformation
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Das Aufblühen der Pfarrei unter dem Patronat des Klosters Königsbronn und dessen württembergischen Schutzherren war bemerkenswert. 1413 übergab Württemberg Heubach unter Vorbehalt seines Rückkaufrechtes den ihm
ergebenen Herren von Woellwarth, deren Stammsitz gegenüber der Harburg an der Würnitz lag. Seit dieser Zeit sind die Woellwarths eng mit der St.-Ulrichs-Kirche verbunden.
Um 1441 erhielt die Kirche einen grüßeren, spätgotischen Chor mit sieben Fenstern. Der Fußboden wurde mit gotischen Tonfiiesen belegt, die heute noch in der Sakristei zu erblicken sind. Aus dieser Zeit stammt
auch der Kruzifizus des Altarkreuzes, an dem bei der jetzigen Renovierung die alte Farbgebung wiederentdeckt und belassen wurde. Die oberen Geschosse des Glockenturms mit dem spitzen, vierkantigen, mit bunten
Ziegeln gedeckten Helm dürften ebenfalls aus jener Zeit stammen. 1481 wurde im unteren Teil des Langhauses ein Gestühl eingebaut und 1502 auf der Giebelseite eine Empore errichtet, deren Brüstung mit sechzehn
Prophetenbildnissen geschmückt war. Zehn dieser Bilder hat man jetzt auf der Kirchenbühne, die zeitweise als Fruchtkasten gedient hatte, entdeckt. Sie wurden restauriert und als Einzelbilder unter der Empore an
der Süd-wand angebracht. 1524 zog Georg von Woellwarth von der Burg Rosenstein in sein neuerbautes Schloß nach Heubach um; dieses steht noch heute in der Schloßstraße (und in jahrelangen Mühen wieder
restauriert).
1552 wurde die Reformation eingeführt, 1579 Heubach zur Amtsstadt erhoben, und im selben Jahr kaufte Württemberg den Ort mit dem Rosenstein zurück.
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1603 Große Glocke
1621/1624 Pest und Zerstörung des Kirchendaches
Neugestaltung der Kanzel und Empore
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1603 hängte man im Turm die große Glocke auf, wobei leider die schünen Turmfenster zugemauert wurden.
1621 bis 1624 trat während des Dreißigjährigen Krieges ein großes Sterben ein, und etliche Male herrschte die Pest. Dazu kam, daß nach der Schlacht bei Nördlingen das Städtlein abbrannte; dabei erlitt auch die
St.-Ulrichs-Kirche Schaden. Das Dach wurde ein Raub der Flammen, das Chorgewölbe stürzte ein. Doch wuchs die Gemeinde bald wieder. In harter Arbeit baute sie Zerstörtes auf. Das Kirchenschiff und der Chor
erhielten eine im Renaissancestil bemalte flache Holzdecke, auch wurde die Kanzel neu gestaltet; sie ist noch heute in ihrer originalen Fassung als besonderes Schmuckstück vorhanden, wogegen die alte Holzdecke
später als Blind-boden verwendet wurde. Außerdem baute man an der Südwand eine Empore ein und schmückte die Brüstung u. a. mit Bildern von Christus und den zwölf Aposteln.
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Veränderungen im 18. und 19. Jahrhundert
Kirche als Lagerraum für Getreide
Blocktumr
Kirchplatz
1896 Neugestaltung außen
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In den folgenden fast 250 Jahren wurde die Kirche immer mehr entstellt. Die Kirchenbühne sowie die Dächer der herabgezogenen Seitenhalle der Kapelle und der Sakristei benutzte man als Fruchtkasten zur Aufbewahrung
des Zehnten. Am Westgiebel errichtete man eine zu den Fruchtkästen führende gedeckte Stiege. 1857—1861 beseitigte man die hohen Ring-mauern um den Kirchplatz. Der Blockturm und ein Reststück der Mauer gegen
Osten blieben als einzige Zeugen der alten Zeit bestehen. In den Jahren 1850 bis 1857 wurden notwendige Reparaturarbeiten an der Kirche, besonders am Turmhelm, durchgeführt. Die Treppe zum Fruchtkasten wurde
abgerissen. Der Kirchplatz, der bei dem großen Sterben im Dreißigjährigen Krieg aufgefüllt worden war, um die Toten zu bedecken, wurde wieder abgegraben, doch blieb er so hoch, daß noch immer fünf Stufen von
ihm zur Kirche hinabführten. 1850 wurde eine neue Orgel im Chor aufgestellt. Die vielen Umbauten hatten bewirkt, daß die Kirche unschön geworden war. Dies bewog die Gemeinde zu sammeln, und als genügend Geld
vorhanden war, wurden 1896 der doppelte Fruchtkasten, die Mauer der Seitenhalle und die zerfallene südwestliche Seitenkapelle abgebrochen. An der Südseite wurden drei große Fenster eingebaut. Die Gemeinde fand
Gefallen an den Verbesserungen. Die Renaissancefenster der Nordseite erhielten — wie die anderen Fenster — gotische Spitzbogen.
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1899 Innenerneuerung
Seitenempore
Verglasung Fenster im Chor
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1899 folgte eine umfassende Innenerneuerung. Den Wänden des Kirchenschiffs wurde eine Imitation von Quadermauerwerk aufgemalt. An der Nordseite wurde eine weitere Empore angebracht. Das wieder eingezogene gotische
Netzgewölbe wurde im Jugendstil bemalt, die Fenster im Schiff verglaste man neu, und im Chor kamen als Stiftung buntbemalte biblische Darstellungen zwischen das Maßwerk der gotischen Fenster. Der Altar wurde
ebenfalls neu eingebaut und der Fußboden mit Solnhofener Schieferplatten in Rhombusform verlegt — alles nach damaligem Geschmack.
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1965 Planungsbeginn der Restaurierung
1967 Baugenehmigung
Finanzierung
22.4.1968 Beginn der Innen-Restauration
22.12.1968 Einweihung innenerneuerte Kirche
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Ab 1965 befaßte sich der Kirchengemeinderat wieder mit dem Problem einer Restaurierung. Die Wände im Chor und Schiff hatten durch Feuchtigkeit gelitten und sahen häßlich aus, und am Orgelgehäuse war vom Holzwurm
großer Schaden angerichtet worden. Im Oktober 1965 informierte sich der Bausachverständige des Oberkirchenrates zum erstenmal an Ort und Stelle. Fünf Monate später legte das Architekturbüro Schink und Wiegand,
Stuttgart, seinen ersten Plan für die Renovierung vor. Kurz vor Weihnachten 1967 erteilte der Evangelische Oberkirchenrat in Stuttgart die Umbau-Genehmigung.
Die Finanzierung war nicht einfach, denn für die grundlegende Erneuerung der Kirche und für eine neue Orgel — die Notwendigkeit ihrer Anschaffung hatte ja den Anstoß zu dem Unternehmen gegeben — wurde ein
Betrag von 600 000 Mark erforderlich. Aber schon die Hälfte davon brachte die Kirchengemeinde selbst mit Opfern und Spenden auf, und einen weiteren bedeutenden Anteil wies die Württembergische Landeskirche aus
Kirchensteuermitteln zu. Weitere erfreuliche Beiträge gingen von der Stadt Heubach, dem Landkreis Schwäbisch Gmünd und dem Staatlichen Amt für Denkmalpflege ein. Am 22. April 1968 wurden die Bauarbeiten mit dem
Ausräumen der Kirche begonnen. Nach genau achtmonatiger Bauzeit konnte am 22. Dezember 1968, dem 4. Advent, die innenerneuerte Kirche mit einem festlichen Gottesdienst wieder in Gebrauch genommen werden. Die
Bauleitung hatte in den Händen von Architekt Wiegand gelegen. Restaurator war Norbert Malek gewesen, tatkräftig unterstützt von seiner Frau. Beide, Architekt und Restaurator, haben mit viel Kunst- und
Sachverständnis Vorzügliches geleistet. Dazu kam die werkgerechte, meistermäßige Arbeit aller am Bau beteiligten Handwerker und Firmen!
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Beschreibung der Baumaßnahmen
Fußböden
Osteingang
Bild über dem Choraltar
Neue Chorfenster
Chorwände
Chorgewölbe
Chorbogen mit Rollwerk
Wappen
Kanzel
Statue St. Ulrich
Emporen
Decke
Emporenbrüstung
Fresko
1969 Beginn der Außen- renovierung
Turmdeckung mit Wetterhahn
Zeitdokumente in der goldenen Wetterkugel
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Nichts in der Kirche blieb von der Erneuerung ausgenommen. Die Fundamente und die Wände, bis hoch zur Decke, mußten entfeuchtet werden. Für den Fußboden wurden geschliffene Crailsheimer Muschelkalkplatten
verwendet. Der Boden des Chors wurde vorgezogen, wodurch man um den neuen Altar aus Muschelkalk-Blaubank mehr Raum gewann. Aus dem gleichen schönen Steinmaterial wurden auch der zylindrische Taufstein und der auf
zwei Säulenfüßen ruhende Altartisch im Chor gefertigt. Den früheren Eingang an der Ostseite des Chors vermauerte man. Über den Choraltar hängte man eine Holztafel mit zwölf Bildern vom Leidensweg Christi, aus
der Hand des Gmünder Künstlers Melchior Wirth 1615. Die drei neuen Fenster im Chor, aus der Kunstglaswerkstätte Saile, Stuttgart, zeigen links die Geburt Christi mit Schöpfungsemblemen, in der Mitte Abendmahl
und Himmelfahrt und rechts Pfingsten mit der Ausschüttung des Heiligen Geistes. Sie sind von einer Heubacher Familie gestiftet worden. Im Chor stellte man loses Gestühl für Trauungen, Andachten und sonstige
Feiern auf. Von den Wänden des Chors grüßen sehr gut erhaltene Epitaphe aus braunem Sandstein aus den Jahren 1569 bis 1687. Darüber an den Wänden hängen die Totenschilder des Geschlechtes der Woellwarth. Auch
das frühere Sakramentshäuschen mit kunstvoll geschmiedetem Gitter fehlt nicht. Das Rippengewölbe im Chor ist mit Rankwerk bemalt, die Chorbogenleibungen sind in Quaderform aufgeteilt. Gegen das Schiff ist der
Chorbogen mit einem Fries und mit sogenanntem Rollwerk im Renaissancestil bemalt. Beides ist farblich sehr fein abgestimmt. An der Wand links oben am Chorbogen sieht man das alte württembergische, rechts das
Heubacher Wappen. Die Kanzel aus dem 17. Jahrhundert ist neu mit goldbelegtem Blattwerk verziert; die Holztafeln mit den vier Evangelisten und Christus wirken wie Intarsien. Meisterhaft gestaltet ist darüber das
Kanzeldach mit dem posauneblasenden Engel. Gegenüber der Kanzel steht auf einer Konsole an der Wand der Schutzpatron St. Ulrich, ein gotisches Schnitzwerk, vermutlich aus der Augsburger Schule. Die Empore im Schiff
wurde neugestaltet; die Nordempore hat man entfernt, die Empore an der Südseite verschmäler~ während die Orgelempore in ihren Abmessungen unverändert blieb. Dadurch und weil man im Schiff die massiven
Holzpfeiler durch schlanke Stahlrohre ersetzt hat, hat dieses an Weiträumigkeit gewonnen. Seine flache Decke und die Unterseite der Emporen sind aus schön gemaserter Rüster. Einen ausgesprochenen Kontrast dazu
bildet der dunkle Holzton des Gebälks. Die Emporenbrüstung ist wieder mit den Bildern Christi und der Apostel sowie anderen Darstellungen geschmückt. Das an der Nordwand über der Empore freigelegte Fresko aus
dem 16. Jahrhundert stellt Maria auf dem Stufenthron dar. Die Fenster wurden neu aus getöntem Antikglas gestaltet. Das ebenfalls neue eichene Gestühl ist recht bequem. Die Kirche hat insgesamt 650 Sitzplätze.
Nachdem auch der Verputz im Schiff erneuert worden ist, strahlt das Kircheninnere mit der Sakristei äußerste Harmonie in Farbe, Form und Raumwirkung aus.
Im Juli 1969 wurde mit der Erneuerung außen begonnen. Der Putz wurde abgeschlagen, die Fenster am Westgiebel sind zugemauert worden. Als neues Kleid wählte man einen gelblich getönten Edelputz mit Kellenstrich.
Der Turmhelm wurde neu gedeckt, und zwar mit den vertrauten grün-und daruntergestreuten braunglasierten Ziegeln. Der vergoldete Wetterhahn wurde neu aufgesetzt. Er dreht sich auf goldener Kugel, die im Inneren, in
einer verlöteten Hülse, Schriftstücke aus den Jahren 1902, 1927 und jetzt von 1969 mit Zeitdokumenten birgt. Am 1. Advent 1969 konnten auch diese Arbeiten abgeschlossen werden.
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1970 Neugestaltung Außenanlage
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Im Frühjahr 1970 wurde die Anlage um die Kirche gärtnerisch neu gestaltet. Rasenflächen mit Buschbepflanzung und Strauchwerk an den Rändern und mit befestigten Wegen zur Kirche verleihen dem schönen, alten Bau
einen parkähnlichen Rahmen. Im Sommer wird das Gotteshaus jetzt auch wochentags für die Allgemeinheit zugänglich sein, ebenso wie der Kirchgarten dem Publikum geöffnet ist.
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